Gemeinsam wirtschaften
Unser Lebensmittelsystem ist mitverantwortlich für Umweltzerstörung und Artensterben sowie für die Ausbeutung von Bauern. Doch es gibt Alternativen, etwa in Form von Genossenschaften.
Die konventionelle Landwirtschaft mit Monokulturen und Pestiziden trägt maßgeblich zur Umwelt- und Klimakrise bei. Lange Transportwege, Lebensmittelverschwendung sowie Treibhausgasemissionen durch Produktion und Verarbeitung gehören zu den Hauptproblem. Dazu kommt in Österreich die steigende Bodenversiegelung: täglich verschwindet eine Fläche von 18 Fußballfeldern.
Die Supermärkte sind Teil dieses Systems, und in Österreich gibt es so viele wie nirgendwo sonst in der EU: Auf 100.000 Einwohner:innen kommen 50 Supermärkte – doppelt so viele wie etwa in Deutschland. Vier Handelsketten kontrollieren rund 90 Prozent des österreichischen Marktes: REWE Group, Spar, Hofer und Lidl, zugleich verschwinden Greißler oder kleine Läden zunehmend von den Straßen. Darüber hinaus gibt es in Österreich immer mehr Alternativen, die von engagierten Menschen ins Leben gerufen werden. Sie investieren Zeit und Geld, um einem ausbeuterischen System etwas entgegenzusetzen. Viele Projekte beruhen auf Eigeninitiative und ehrenamtlicher Tätigkeit.
„Wir wissen, dass wir das vorherrschende System nicht ändern können, deshalb sehen wir die Veränderung im Aufbau paralleler Strukturen.“ morgenrot
Die Genossenschaft ist die demokratischste Rechtsform in Österreich, sie vereint und fördert ideelle und wirtschaftliche Ziele ihrer Mitglieder. Mehrere Personen schließen sich zusammen, um gemeinsam besser und sicherer zu wirtschaften.
Martin Gerstl ist Gründungsmitglied der Wiener Genossenschaft morgenrot, in der Produzenten landwirtschaftlicher Produkte und Kunden zusammengebracht werden. „Das vorherrschende Lebensmittelsystem beruht auf der Ausbeutung der Bauern, die nur einen Bruchteil dessen kriegen, was wir im Geschäft für ein Produkt bezahlen“, sagt Gerstl. „Das Ziel von morgenrot ist die Regionalisierung von Verarbeitung und Logistik, damit mehr für die Bauern übrigbleibt.“ Daher kauft morgenrot möglichst direkt bei den Produzenten ein und unterstützt Kleinbauern. Das Motto lautet: so nah wie möglich, so weit wie nötig. Zu den Lieferanten zählt der Bio-Großhandel Bersta, eine ehemalige Genossenschaft. Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei der regenerativen Landwirtschaft als Gegenpol zu Monokulturen: „Monokultur bedeutet eine Landwirtschaft, die extrem anfällig ist“, erklärt Gerstl und betont, dass auch Bio in Monokultur keine Lösung sei. „Wenn wir weltweit regenerative Landwirtschaft hätten, gäbe es keinen Klimawandel.“
morgenrot ist derzeit noch auf der Suche nach interessierten Menschen, die sich an einem Crowdinvesting bei der Genossenschaft für Gemeinwohl beteiligen. Im Herbst eröffnet der erste morgenrot-Laden am Dornerplatz 6 in 1170 Wien, bis dahin gibt es an dieser Adresse jeden Freitag (15-17 Uhr) und Samstag (10-12 Uhr) eine „Open Door“-Zeit für Gespräche und Fragen. „Wir denken aber schon weiter und sind auf der Suche nach den nächsten Standorten“, so Gerstl. „Es ist wichtig, dass wir dafür ausreichend Mitglieder gewinnen und unsere Botschaft von gesunden, regionalen Lebensmitteln und deren nachhaltiger Produktion hinaustragen.“
Der Mitgliedsbeitrag für die Genossenschaft beträgt 300 Euro für Kunden und 1000 Euro für Produzenten. Für Interessierte werden zweimal im Monat Infoveranstaltungen angeboten. Das Ziel sind mindestens 300 Mitglieder, um einen alternativen Supermarkt in Wien zu ermöglichen, derzeit sind es rund 100 Mitglieder. Mitglieder von morgenrot fördern durch ihre Kaufentscheidung regenerative Landwirtschaft und unterstützen Kleinbauern.
Weitere landwirtschaftliche Genossenschaften gibt es in anderen Bundesländern, wie Ums Egg mit Standorten in Oberösterreich und der Steiermark oder Milchkandl im Waldviertel.
Noch mehr Alternativen beim Einkaufen wie Foocoops oder Solidarische Landwirtschaft findet ihr hier.