Zur Zeit arbeite ich an meinem nächsten Buch, in dem ich die Erfahrungen der letzten Jahre ohne festen Wohnsitz verarbeite. Hier eine Vorschau:
Der Schlaf will mich nicht finden, ich liege im Bett, hellwach und zufrieden. Übe mich in Hingabe, habe aufgehört, um Schlaf zu kämpfen. Schreibe mitten in der Nacht und lese. Schließlich stehe ich auf – die Uhr zeigt 2.39 – und gehe vor die Türe. Und dann vergesse ich zu atmen: über mir wölbt sich ein unfassbarer Sternenhimmel, überall funkelt es. Die Milchstraße ist ein fließendes Band und der Große Wagen steht Kopf. Ich fühle mich klein und demütig angesichts dieses Schauspiels – und nun weiß ich auch, weshalb ich nicht schlafen sollte. Danach gehe ich ins Bett, mit dem tief empfundenen Gefühl: hier bin ich richtig.
Seit zwei Monaten befinde ich mich auf La Palma, Insel der Individualisten, der Kreativen und Naturverbundenen. Ich bin selten so vielen lebendigen und reflektierten Menschen begegnet wie hier. Menschen, die wie ich ohne festen Wohnsitz unterwegs sind und die unserem starren System den Rücken gekehrt haben. Hier habe ich gelernt, was ich für ein gutes Leben brauche: Natur, Gemeinschaft, ein möglichst selbstbestimmtes Leben. Und im besten Fall das Meer vor der Haustüre.
Je länger ich auf dieser Insel bin, desto leichter fühlt sich mein Leben an. Ich verliere jedes Zeitgefühl, die Entschleunigung ist perfekt. Wenn das Leben im Flow ist, ergibt sich alles von selbst. Ich überlege, meinen Aufenthalt zu verlängern und finde dank einer wunderbaren neuen Freundin eine Wohnmöglichkeit am Meer. Sitze an einem der typischen kioscos mitten in der Stadt und sehe einen Hahn vorbei spazieren. Die Kellnerin begrüßt mich mit „cariño“ (Liebes), bringt mir einen cafecito und aus dem Moment wird ein momentito. Ich mache Ausflüge zum Meer, um zu schwimmen und in der Sonne zu baden. Regelmäßig setze ich mich an den Laptop, um über die Themen zu schreiben, die mir am Herzen liegen. Abends sinke ich zufrieden ins Bett.
Seit zwei Jahren führe ich ein Nomadenleben an verschiedenen Orten und ohne festen Wohnsitz. Ich habe in Wohngemeinschaften gelebt, in landwirtschaftlichen Betrieben ausgeholfen, war Katzensitterin und Couchsurferin. Ich habe gelernt, mich immer wieder auf neue Begebenheiten und Menschen einzulassen. Diese zwei Jahre waren manchmal herausfordernd, hin und wieder haben sie mich an meine Grenzen geführt – und sie waren ein einziges Abenteuer.
Nach Jahren der nicht enden wollenden Herausforderungen und einem Auf und Ab der Emotionen fühlt es sich nun an, als sei ich endlich bei mir angekommen. Noch meldet sich hin und wieder eine leise Stimme, die fragt: Ist das wirklich möglich? Was, wenn..? Dann atme ich einmal tief durch, schaue hinaus aufs Meer und die Stimme verstummt.
Ich bin da.
Schön und mutig zugleich!