Die Natur nachahmen
Die Permakultur bietet eine nachhaltige Alternative zur herkömmlichen Landwirtschaft: Ein Konzept, das darauf basiert, natürliche Ökosysteme und Kreisläufe in der Natur zu beobachten und nachzuahmen.
Im Salzburger Lungau, zwischen 1.100 und 1.500 Höhenmetern, bewirtschaftet Josef Holzer seinen 45 Hektar großen Grund. Der Land- und Forstwirt hat den Krameterhof 2009 von seinem Vater Sepp übernommen. In der Bergbauernregion im Lungau war Sepp Holzer als der „Narrische mit die Teich“ verschrien, weil er sich die Rechte für die Mühlteiche auf seinem Grund sicherte und Fischteiche daraus machte. Heute gilt er als Vorreiter der Permakultur in Österreich.
Sohn Josef nutzt die Teiche weiterhin, und zwar nicht nur für Fisch- und Krebszucht, sondern auch als nährstoffreiches Bewässerungssystem und Hochwasserschutz. Auch Wassernutzpflanzen werden hier angebaut, darunter Heilpflanzen wie der Fieberklee. Die Mehrfachnutzung ist eines der Prinzipien der Permakultur, die auf dem Krameterhof in unterschiedlichen Ausprägungen gelebt wird: „Bäume auf unseren Terrassen stabilisieren die Hänge und liefern Futter für unsere Tiere, Früchte sowie Energie in Form von Holz“, erklärt Josef Holzer. Die Terrassen werden zudem landwirtschaftlich genutzt.
EU-Förderungen für Umweltsünder
Die industrielle Landwirtschaft ist zu einer ökologischen Last geworden. Monokulturen und Kunstdünger zerstören Böden und verbrauchen große Mengen an Wasser. Pestizide sind verantwortlich für das Sterben von Bienen und Insekten; in der Massentierhaltung werden die Tiere auf engstem Raum gehalten. Zudem kommt in wachsendem Ausmaß Soja als Tierfutter zum Einsatz, das dort angebaut wird, wo früher Regenwälder standen. Diese Form der Landwirtschaft, die zu den Hauptverursachern von Treibhausgasemissionen gehört, wird von der EU gefördert: Große Höfe bekommen das meiste Geld, und damit die größten Umweltsünder. Im Nachkriegseuropa auf flächendeckende Lebensmittelversorgung und Ernährungssicherheit ausgelegt, bedeutet diese Förderstruktur heute: Kleinbauern kämpfen ums Überleben. Laut Statistik gab es 1995 noch rund 240.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Österreich, 2020 waren es nur noch 160.000. Das bedeutet im Schnitt: neun Betriebe weniger pro Tag.
Kreative Lösungen
Techniken wie das Mulchen sorgen in der Permakultur für höhere Erträge, wie Josef Holzer anhand seines Kartoffelfeldes erklärt: Der Boden wird mit Stroh oder Blättern bedeckt, die dem Boden Nahrung geben und ihn feucht und kühl halten. „Dadurch wurzeln die Kartoffeln besser und werden größer.“ Holzer zitiert eine Studie, die besagt, dass die Ernte von gemulchtem Boden doppelt so hoch sei. Neben dem Feld wachsen einige Blumen, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken. „Das ist gelber Enzian, den wir so anbauen, wie er auch in der Natur wachsen würde“, erklärt Holzer. „Die Rinder und Pferde fressen ihn nicht, da er ihnen zu bitter ist.“ Der gelbe Enzian, dessen Wirkstoffe die menschliche Verdauung sowie die Wundheilung fördern, wird als Heilpflanze verkauft. Vielfalt ist der Dreh- und Angelpunkt der permakulturellen Bewirtschaftung. „Der begrenzte Raum kann nur über Diversität ausgeglichen werden“, erklärt Holzer ein weiteres Prinzip der Permakultur: die Flächenbegrenzung.
„Im Wortsinn bedeutet Landwirtschaft, eine begrenzte Fläche zu bewirtschaften. Die Agrarindustrie bewirtschaftet das Land nicht, sie verbraucht es“, so Holzer. Als Beispiel nennt der Landwirt ein Stück Land, das Futter für 20 Kühe hergibt. „Damit sollte ich nicht 40 Kühe versorgen müssen. Besser ist es in diesem Fall, nur zwanzig Kühe zu haben, aber dazu noch Bienen, vielleicht einen Fischteich, Obst und eine Pilzzucht.“ All das setzt Josef Holzer auf seinem Hof um, dazu hält er Schafe, Hühner sowie einige Pferde. Aquakultur, Agroforstwirtschaft sowie Gewürz- und Arzneipflanzenkultur ergänzen die enorme Vielfalt auf dem Krameterhof. Anders als die meisten Landwirte ist Josef Holzer nicht von staatlichen Subventionen abhängig.
Gelebter Klimaschutz
Bei Agroforstwirtschaft handelt es sich um eine Kombination aus Land- und Forstwirtschaft. „Bäume auf unseren Terrassen stabilisieren die Hänge und liefern Futter für unsere Tiere, Früchte sowie Energie in Form von Holz“, erklärt Josef Holzer. Die Terrassen werden landwirtschaftlich genutzt. „In der Agroforstwirtschaft sehen wir eine große Chance für die Landwirtschaft der nächsten Generationen, da sie ein Paradebeispiel für intelligente Mehrfachnutzung nach dem Prinzip der Permakultur ist“, so Holzer. Weitere Vorteile von Agroforst sind eine höhere Bodenfruchtbarkeit, Erosionsschutz sowie bessere Widerstandsfähigkeit gegen Dürren und Unwetter. Zudem speichern Agroforstsysteme CO2 im Boden und halten ihn feucht.
Permakultur steht auch für kreative Lösungen: So gibt es auf Josef Holzers Krameterhof „Mini-Schweine“, die für den Schutz der Legehennen zuständig sind, welche leichte Beute für Habicht und Bussard sind. Die Hühner wiederum dürfen vor dem Gemüseanbau und nach dessen Ernte aufs Feld, um Schnecken und andere Schädlinge zu verspeisen – ein natürlicher Ersatz für Pestizide. Dabei handelt es sich um individuelle Lösungen, kein Permakultur-Betrieb ist wie der andere.
Dass Permakultur zum Klimaschutz beiträgt, weiß Josef Holzer aus eigener Hand und erklärt, wie Kuhmist zu wertvollem Humus wird, der für den Erhalt der Böden unabdingbar ist. In den humusreichen Böden wird auf natürliche Weise CO2 gespeichert; gesunde, natürlich bewachsene Böden, die Wasser speichern können, tragen zudem zur Kühlung bei. „Der Klimawandel zeigt die Schwachstellen unseres landwirtschaftlichen Systems auf, in dem über Jahrzehnte hinweg Kulturlandschaften degradiert wurden“, ist Josef Holzer überzeugt. Wenn Vertreter der Landwirtschaft behaupteten, der Klimawandel sei an allen Problemen schuld, machten sie es sich zu leicht. „Da werden eigene Fehler wie die Zerstörung von Böden geleugnet, die seit Jahrzehnten bekannt waren. Aber man hat halt so weiter gemacht, weil es wirtschaftlich rentabel war.“ Holzer bringt ein Prinzip der Permakultur auf den Punkt: Wir arbeiten mit der Natur, nicht gegen sie.