„Am 29. August 2005 brachen die Deiche von New Orleans. Der Hurrikan Katrina raste über die Stadt, in der Folge wurden 80 Prozent der Häuser überflutet. Es war die größte Naturkatastrophe in der Geschichte der Vereinigen Staaten. In jener Woche waren die Zeitungen voll mit Berichten über Vergewaltigungen und Schießereien in New Orleans. Fürchterliche Geschichten über Gangster, die plündernd durch die Gegend zogen.. machten die Runde. Der Polizeichef prognostizierte, dass die Stadt in die Anarchie abgleiten würde.
Erst Monate später, als die Journalisten verschwunden waren, das Wasser abgepumpt war und sich die Kolumnisten einem neuen Thema zugewandt hatten, fanden Wissenschaftler heraus, was wirklich in New Orleans geschehen war... Der Polizeichef musste zugeben, dass es keinen einzigen offiziellen Bericht über Morde oder Vergewaltigungen gab. Es war viel geplündert worden, aber vor allem von Gruppen, die gemeinsame Sache machten, um ihr Überleben zu sichern, manchmal sogar zusammen mit der Polizei. Wissenschaftler am Disaster Research Center der University of Dalaware schlossen daraus, dass „die überwältigende Mehrheit des spontanen Verhaltens prosozial geprägt war.“..
Kurz gesagt, die Stadt wurde nicht von Egoismus und Anarchie überflutet. Die Stadt wurde überspült von Mut und Nächstenliebe.
Katrina entsprach damit dem wissenschaftlichen Bild, wie Menschen auf Katastrophen reagieren. Das Disaster Research Center hat sei 1963 auf der Grundlage von fast 700 Feldstudien festgestellt, dass, im Gegensatz zu Darstellungen in den meisten Spielfilmen, nach einer Katastrophe nie die totale Panik ausbricht und auch keine Welle des Egoismus aufbrandet. Die Zahl der Verbrechen nimmt in der Regel ab... In Notsituationen kommt das Beste im Menschen zum Vorschein. Ich kenne keine andere soziologische Erkenntnis, die gleichermaßen sicher belegt ist und dennoch gänzlich ignoriert wird.
Das Bild, das in den Medien gezeichnet wird, ist dem, was nach einer Katastrophe tatsächlich geschieht, diametral entgegengesetzt.“
aus: „Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit“, Rutger Bregman
Über das Buch:
Der Historiker Rutger Bregman setzt sich in seinem Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. Anders als in der westlichen Denktradition angenommen ist der Mensch nicht böse, sondern, so Bregman, im Gegenteil: von Grund auf gut. Und geht man von dieser Prämisse aus, ist es möglich, die Welt und den Menschen in ihr komplett neu und grundoptimistisch zu denken. In seinem mitreißend geschriebenen, überzeugenden Buch präsentiert Bregman Ideen für die Verbesserung der Welt. Sie sind innovativ und mutig und stimmen vor allem hoffnungsfroh.
Danke für diesen positive Artikel! Habe dieses Buch gelesen. Lesenswert auch sein Buch “Utopien für Realisten” mit vielen positiven Beispielen und entsprechenden Studien hinterlegt. Herzliche Grüße