Tiere essen
Fleisch essen – ja oder nein? Eine Frage, die seit Jahren die Gemüter erhitzt. Das Bewusstsein über die Bedingungen in der Massentierhaltung, über ökologische und gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen wächst. Und dennoch lässt sich der gelernte Österreicher sein Schnitzel nicht nehmen: Mit einem Fleischkonsum von 59 kg pro Person und Jahr liegt unser Land im europäischen und weltweiten Spitzenfeld. Im Jahr 2020 wurden in Österreich 108,1 Millionen Tiere gehalten.
In Diskussionen über das Essen von tierischen Produkten höre ich oft das Argument: „Natürlich esse ich nur noch Fleisch, von dem ich weiß, woher es kommt.“ Aber Hand aufs Herz: Wer macht sich wirklich die Mühe, dem Betrieb, der das Fleisch liefert, einen Besuch abzustatten? Wer kauft regelmäßig Bio-Fleisch, das oft doppelt so viel kostet wie herkömmliches (weil der Aufwand in der Haltung ungleich größer ist)? Wie viele Restaurants oder Kantinen gibt es, die Fleisch in Bio-Qualität anbieten? Und: Ist Bio-Haltung tatsächlich besser?
Doppelmoral
In unserer Beziehung zu Tieren scheint eine Doppelmoral zu herrschen: Wir behandeln Haustiere wie unsere besten Freunde und kämen nie auf die Idee, Hunde zu verspeisen (wie es in 44 Ländern weltweit üblich ist). Gleichzeitig haben viele kein Problem damit, saftige Schweinsrippchen zu essen. Schweine sind verspielte und empfindsame Tiere, sie lernen weitaus schneller als Hunde. Gerade in der Schweinehaltung liegt vieles im Argen, wie ich für einen Konsument- Artikel recherchiert habe: Eine Studie ergab, dass 92 Prozent der auf Vollspaltenböden gehaltenen Schweine unter Gelenkserkrankungen leiden.
Auch im Bio-Bereich ist Luft nach oben, bei allen Nutztieren: „Das betrifft Anbindehaltung von Milchkühen, Haltungen ohne Auslauf, Kälberexport und Langstreckentransporte, Tierleid und Tierqual bei der Schlachtung“, sagt Lena Remich vom Verein gegen Tierfabriken (VgT). „Bio an sich ist nicht die Lösung jeglicher Tierschutzfragen.“
Gesünder ohne Fleisch
Der ganzheitliche Mediziner Rüdiger Dahlke beschreibt in seinem Buch „Corona als Weckruf“ das sogenannte Wunder von Dänemark: Als im Jahr 1918 die Spanische Grippe in Europa wütete und zu über 20 Millionen Toten führte, blieb in Dänemark die Gesamtsterblichkeit, im Gegensatz zum Rest Europas, gleich. Der Grund: Im 1. Weltkrieg war die Bevölkerung auf vegetarische Ernährung umgestiegen, nachdem eine Seeblockade die Regierung dazu gezwungen hatte, einen Großteil der Nutztiere zu verkaufen. Dahinter stand der Arzt Mikkel Hindhede, der als Berater der Regierung tätig war und durch seine ganzheitlichen Methoden bekannt wurde. Die Dänen wurden durch die Ernährungsumstellung gesünder, Volkskrankheiten wie Gicht, Diabetes und Herz/Kreislauferkrankungen gingen zurück. Die medizinische Fachzeitschrift “The Lancet” bestätigte diese ernährungsmedizinischen Erfolge in einer nachträglichen Untersuchung.
Im Buch „Peace Food“ schreibt Rüdiger Dahlke: „Im Zusammenhang mit dem, was Tieren angetan wird, gilt es, sich der seelischen Konsequenzen bewusst zu werden und damit der wissenschaftlich noch nicht fassbaren Auswirkungen auf Bewusstsein und Leben. Wer sich so viel Qual und Leid einverleibt, wird anschließend viel Leid und Qual in sich haben und mit sich herumschleppen. Er wird sich möglicherweise selbst durch sein Leben schleppen, ein Phänomen, das mir in über 30 Arztjahren bei Fleischessern oft, bei vegan Lebenden noch nie aufgefallen ist.“
Fleisch essen – ja oder nein? Das ist eine Entscheidung, die letztendlich jede/r für sich selbst treffen muss.
Weitere Buchtipps: Tiere essen, Jonathan Safran Foer
Anständig essen, Karen Duve
Tiere denken, Richard David Precht