Wildes Land
In ihrem Buch „Wildes Land – Die Rückkehr der Natur auf unser Landgut“ beschreibt die Britin Isabella Tree das Renaturierungsprojekt, das sie gemeinsam mit ihrem Mann in den letzten Jahrzehnten auf ihrem Landgut durchgeführt hat. Das Paar entschloss sich, die intensive Landwirtschaft aufzugeben, das Land verwildern zu lassen und seltene Tierarten anzusiedeln. Die Autorin beschreibt, wie die Natur im Laufe der Jahre aufblüht und die Artenvielfalt wächst.
Die Geschichte zeigt nicht nur sehr eindrucksvoll, was geschieht, wenn wir natürlichen Vorgängen vertrauen, sondern gibt wertvolle Einblicke und Informationen, wie in der Natur alles zusammenspielt. Dazu kommen liebevolle Details aus der Tierwelt, wie weibliche Nachtigalle, die sich vom virtuosen Gesang der Männchen bezirzen lassen oder Schweine, die aus kilometerweiter Entfernung ein Festzelt mit den darin enthaltenen Köstlichkeiten erschnüffeln.
Im Kapitel „Rückkehr der Biber“ beschreibt die Autorin, wie es ihr und ihrem Mann gelang, entgegen aller Widerstände die Nagetiere wieder anzusiedeln:
„Die Wiederansiedlung von Bibern in Großbritannien ist schon seit geraumer Zeit ein umstrittenes Thema. Insbesondere die Angler widersetzen sich, weil sie befürchten, Biber könnten die Fischbestände gefährden. Überraschend viele Menschen glauben, Biber würden Fische fressen.. Landwirte wiederum haben Angst vor Schäden an Bäumen, Wasserläufen, Gräben und Feldern.. Forscher in Montana haben nachgewiesen, dass Biberdämme den Grundwasserspiegel erhöhen, die Wasserversorgung verbessern und die Kosten für das Hochpumpen von Grundwasser für die Landwirtschaft beträchtlich senken. In Wyoming zeigte sich, dass die Biomasse der Wassertiere in Biberteichen zwei- bis fünfmal so groß ist wie in den Gewässerabschnitten ohne Dämme. ..Jahrtausendelang lebten die amerikanischen Ureinwohner Seite an Seite mit den Bibern, ohne deren Zahlen nennenswert zu beeinflussen… In den trockeneren Weststaaten hielten Biberdämme die Wasserniveaus stabil, verhinderten die Erosion von Flussläufen und produzierten lebensnotwendige Wasserspeicher. In den Bergen boten sie Schutz vor Hochwasser, indem sie im Frühjahr die Schmelzwasserfluten aufhielten. Die amerikanischen Ureinwohner betrachteten sie als heiligen Mittelpunkt des Landes..“
Über die Kraft der Natur schreibt Isabella Tree:
„Der Harvard-Biologe E.O. Wilson ist davon überzeugt, dass ‚Biophilie‘, die menschliche Verbindung zur Natur beziehungsweise die ‚üppige, natürliche Freude, die draus erwächst, von lebenden Organismen umgeben zu sein‘, in unserer Evolution verwurzelt sei. Wir haben 99 Prozent unserer genetischen Geschichte als Jäger und Sammler verbracht, in vollkommener und intimer Verbindung mit der natürlichen Welt. Eine Million Jahre lang hing unser Überleben von unserer Fähigkeit ab, das Wetter, die Sterne und die Tier- und Pflanzenarten in unserer Umgebung richtig zu deuten, mit Anteilnahme und Kooperationsbereitschaft durch unsere Umwelt zu navigieren. Das Bedürfnis, mit der Natur und anderen Lebensformen in Beziehung zu treten, liegt in unsere Genen – ob dieser Drang nun ästhetisch, emotional, intellektuell, kognitiv oder sogar spirituell bedingt sein mag. Wenn diese Verbindung durchtrennt wird, treiben wir durch eine Welt, in der unser tiefstes Bewusstsein für unser Ich verloren gegangen ist.“